Discussion:
Alg2-Praktikum ohne Sanktion abbrechen
(zu alt für eine Antwort)
Manuel Rodriguez
2010-10-10 08:35:02 UTC
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Beim Thema "Alg2 und Praktika" scheint es ein großes Maß an
Rechtsunsicherheit zu geben. Vielfach wird die ARGE aus Angst vor
Konsequenzen überhaupt nicht in das Vorhaben eingeweiht und manche
Teilnehmer liegen nachts weinend allein im Bett und wissen nicht mehr
weiter. Deshalb möchte ich heute die wichtigsten rechtlichen
Grundlagen näher beleuchten.

Zunächst einmal bedeutet ein Praktikum für eine Firma, dass sie keinen
Lohn zahlen muss. Im Umkehrschluss braucht der Praktikant den
Weisungen der Firma nicht zu folgen und insbesondere besteht keine
Anwesenheitspflicht. Ein Praktikum dient dem Kennenlernen und der
Weiterbildung, hat demnach unverbindlichen Charakter.

Komplizierter wird es, wenn während des Praktikums die ARGE die
Unterhaltskosten (Miete, Lebensmittel, Alg2 Regelsatz) zahlen soll.
Aus einer unverbindlichen Zweierbeziehung wird so eine
konfliktfreudige Dreiecksliebelei aus Praktikant, Firma und ARGE.
Jedes Praktikum, angefangen von 1 Tag Mini-Praktikum bis hin zu 4-
Wochen Maxi Praktikum muss jetzt bei der ARGE beantragt werden. Diese
genehmigt das Anliegen nach Paragraph 46, SGB III (Maßnahmen zur
Eingliederung). In diesem Paragraph ist auch die Höchstdauer von 4
Wochen festgeschrieben. Praktika von länger als 4 Wochen oder länger
haben nur sehr geringe Erfolgsaussichten von der ARGE genehmigt zu
werden.

Tritt man dennoch ein nicht genehmigtes Praktikum an, steht man dem
Arbeitsmarkt nicht länger zur Verfügung. Dadurch verliert man seine
Anspruchsvoraussetzung auf Alg2 und die Zahlung seitens der ARGE wird
zu 100% eingestellt. Der Antritt eines nicht genehmigten Praktikums
ist also mit einer Totalsanktion verbunden.

Im positiven Fall wird das 4-Wochen Praktikum genehmigt. Man fährt
also morgens in die Firma und gleich am ersten Tag entschließt man
sich zu einem Abbruch. Denn das frühe Aufstehen ist ungesund, und die
Chefin hat keine Silikon-Titten sondern nur labrigen Hängebauchbrüste.
Dadurch kommt Paragraph 31, SGB II zur Anwendung (Sanktion bei Abbruch
einer Maßnahme). Im Normalfall führt der Abbruch eines unbezahlten
Praktikums zu einer 30% Sanktion. Gegen diese ist ein Widerspruch mit
Hinweis auf die Entscheidung "L 7 B 321/07 AS ER" lohnenswert. Darin
hat ein Landessozialgericht geurteilt, dass ein Praktikum keine Arbeit
ist und deshalb ein Abbruch sanktionsfrei bleiben kann. Ob im eigenen
Fall dass auch noch so gilt, ist ungewiss. Mit einer
Wahrscheinlichkeit von 50% wird der Abbruch eines Praktikums
sanktioniert.

Für den Teilnehmer bedeutet dies: bricht er das Praktikum ab, kommt es
zu einer 30%*50% Sanktion, also 15%.

Falls noch Fragen sind, nur her damit. Die Webadresse
http://www.sozialgerichtsbarkeit.de ist gut vorgewärmt und meine
Tastatur gut geölt.
Worker
2010-10-12 02:40:40 UTC
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Post by Manuel Rodriguez
Beim Thema "Alg2 und Praktika" scheint es ein großes Maß an
Rechtsunsicherheit zu geben.
....
Denn das frühe Aufstehen ist ungesund, und die
Chefin hat keine Silikon-Titten sondern nur labrige Hängebauchbrüste.
Woher kennst du meine Chefin? ;-)
Post by Manuel Rodriguez
Dadurch kommt Paragraph 31, SGB II zur Anwendung (Sanktion bei Abbruch
einer Maßnahme). Im Normalfall führt der Abbruch eines unbezahlten
Praktikums zu einer 30% Sanktion. Gegen diese ist ein Widerspruch mit
Hinweis auf die Entscheidung "L 7 B 321/07 AS ER" lohnenswert. Darin
hat ein Landessozialgericht geurteilt, dass ein Praktikum keine Arbeit
ist und deshalb ein Abbruch sanktionsfrei bleiben kann. Ob im eigenen
Fall dass auch noch so gilt, ist ungewiss. Mit einer
Wahrscheinlichkeit von 50% wird der Abbruch eines Praktikums
sanktioniert.
Da würde ich mal nicht darauf vertrauen.
Post by Manuel Rodriguez
Für den Teilnehmer bedeutet dies: bricht er das Praktikum ab, kommt es
zu einer 30%*50% Sanktion, also 15%.
Falls noch Fragen sind, nur her damit. Die Webadresse
http://www.sozialgerichtsbarkeit.de ist gut vorgewärmt und meine
Tastatur gut geölt.
Wie siehst du denn die Möglichkeit, dass ein HIV-ler sich rechtlich
durchsetzen kann? Um zu klagen braucht man einen Anwalt und um einen
Anwalt einzuschalten braucht man Geld das ein HIV-ler nicht hat.
Was mich hier entsetzt, ist die häufige Thematik über HartzIV.
Also entweder dieses Land ist ein Land voller Faullenzer, oder um den
Sozialfrieden in diesem Lande ist es nicht mehr lange gut bestellt.
Bedenkt man allerdings, dass es zu den etwa 3,5Mio Arbeistlosen noch etwa
6,5Mio HIV-ler gibt, dann erhält man erst ein richtiges, allerdings
erchreckendes, Bild über den Umgang mit Menschen in dieser Gesellschaft.
Rechnet man jetzt auch noch die Minirentner dazu, dann muss man mit
Erchrecken fsstellen, dass mehr als 14% dieser Gesellschaft am unteren
Existenzminimum in völliger Armut leben. Wo sind all diese Menschen? Wenn
ich den Fernseher einschalte oder ein Prinzmedium aufschlage, sehe ich
nur wohlgenährte Arschlöcher und dummgefickte Nutten darin.
Völlige Armut, bedeutet sich nichts nach freiem Willen leisten zu können,
was de facto einem weitgehenden Freiheitsentzug gleichkommt.
Manuel Rodriguez
2010-10-12 09:15:02 UTC
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Post by Worker
Post by Manuel Rodriguez
Beim Thema "Alg2 und Praktika" scheint es ein großes Maß an
Rechtsunsicherheit zu geben.
....
Denn das frühe Aufstehen ist ungesund, und die
Chefin hat keine Silikon-Titten sondern nur labrige Hängebauchbrüste.
Woher kennst du meine Chefin? ;-)
Post by Manuel Rodriguez
Dadurch kommt Paragraph 31, SGB II zur Anwendung (Sanktion bei Abbruch
einer Maßnahme). Im Normalfall führt der Abbruch eines unbezahlten
Praktikums zu einer 30% Sanktion. Gegen diese ist ein Widerspruch mit
Hinweis auf die Entscheidung "L 7 B 321/07 AS ER" lohnenswert. Darin
hat ein Landessozialgericht geurteilt, dass ein Praktikum keine Arbeit
ist und deshalb ein Abbruch sanktionsfrei bleiben kann. Ob im eigenen
Fall dass auch noch so gilt, ist ungewiss. Mit einer
Wahrscheinlichkeit von 50% wird der Abbruch eines Praktikums
sanktioniert.
Da würde ich mal nicht darauf vertrauen.
Post by Manuel Rodriguez
Für den Teilnehmer bedeutet dies: bricht er das Praktikum ab, kommt es
zu einer 30%*50% Sanktion, also 15%.
Falls noch Fragen sind, nur her damit. Die Webadresse
http://www.sozialgerichtsbarkeit.deist gut vorgewärmt und meine
Tastatur gut geölt.
Wie siehst du denn die Möglichkeit, dass ein HIV-ler sich rechtlich
durchsetzen kann? Um zu klagen braucht man einen Anwalt und um einen  
Anwalt einzuschalten braucht man Geld das ein HIV-ler nicht hat.
Was mich hier entsetzt, ist die häufige Thematik über HartzIV.
Also entweder dieses Land ist ein Land voller Faullenzer, oder um den
Sozialfrieden in diesem Lande ist es nicht mehr lange gut bestellt.
Bedenkt man allerdings, dass es zu den etwa 3,5Mio Arbeistlosen noch etwa
6,5Mio HIV-ler gibt, dann erhält man erst ein richtiges, allerdings
erchreckendes, Bild über den Umgang mit Menschen in dieser Gesellschaft.
Rechnet man jetzt auch noch die Minirentner dazu, dann muss man mit
Erchrecken fsstellen, dass mehr als 14% dieser Gesellschaft am unteren
Existenzminimum in völliger Armut leben. Wo sind all diese Menschen? Wenn
ich den Fernseher einschalte oder ein Prinzmedium aufschlage, sehe ich
nur wohlgenährte Arschlöcher und dummgefickte Nutten darin.    
Völlige Armut, bedeutet sich nichts nach freiem Willen leisten zu können,
was de facto einem weitgehenden Freiheitsentzug gleichkommt.
Zu "rechtlich durchsetzen von Hartz IV Empfängern":
No way, geht nicht. Hartz IV ist eine Gemeinschaftsproduktion aus
Medien und Politik. Auf ARD und Bams wird irgendwelcher Dreck
verbreitet, und Leuten wie Sarazin, Seehofer, Westerwelle und Schröder
das geeignete Forum gegeben um einen rechtspopulistischen Kurs gegen
Schwache zu fahren. Die Sanktionsmöglichkeiten des SGB II sind eine
politische Entscheidung. Rechtliche Gegenwehr ausgeschlossen. Und die
4. Gewalt des Staates (Medien) haben totalversagt. Besonders das
öffentlich-rechtliche Fernsehen ist ein Meister darin, Mitleid zu
heucheln und völlig unkritisch die Hartz IV Gesetzgebung
durchzuwinken. Kritik am Kapitalismus, Kritik am Geldsystem ist
praktisch nicht existent, die Börsenberichterstattung eine Lachnummer.
Und wenn dann die Ersparnisse in Gefahr sind (HRE Bankencrash) werden
zig Milliarden rausgeworfen. Armut ist kein schönes Thema, deren
Verdrängung systemerhaltendes Element der politisch-medialen Klasse.


Selbst Top-Anwälte werden vom rechtsaußen Kurs aus Medien und Politik
regelmäßig weggeweht. Aber trotzdem kann man den Kampf mit Hartz IV
aufnehmen. Man braucht lediglich die Leute bestrafen, die davon
betroffen sind: sich selbst. In einem Video über die Froebel-Schule
wurde exemplarisch gezeigt wie Jugendliche den Stress aushalten
lernen: Den Hass gegen sich selber richten. D.h. sich am Arm ritzen,
Zigaretten qualmen und Nachts im Autohaus schlafen. Selbstmord und
deren Vorstufen ...
Bernd Rakel
2010-10-12 10:00:12 UTC
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Hallo Manuel,
Post by Manuel Rodriguez
Die Sanktionsmöglichkeiten des SGB II sind eine
politische Entscheidung. Rechtliche Gegenwehr ausgeschlossen.
Dazu reiche ich mal das Öl für das Feuer.
http://www.gegen-hartz.de/nachrichtenueberhartziv/geplante-hartz-iv-aenderungen-des-sgb-ii-2011.php
--
Sei du selbst die Veränderung, die du dir wünschst für diese
Welt. (Mahatma Gandhi)
Grüße aus dem Löwenhaus
http://www.loewenhaus.net
Worker
2010-10-13 17:38:51 UTC
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Post by Worker
Post by Manuel Rodriguez
Falls noch Fragen sind, nur her damit. Die Webadresse
http://www.sozialgerichtsbarkeit.deist gut vorgewärmt und meine
Tastatur gut geölt.
Wie siehst du denn die Möglichkeit, dass ein HIV-ler sich rechtlich
durchsetzen kann? Um zu klagen braucht man einen Anwalt und um einen
Anwalt einzuschalten braucht man Geld das ein HIV-ler nicht hat.
Zu "rechtlich durchsetzen von Hartz IV Empfängern": No way, geht
nicht.
Was sollen dann all deine wohlgemeinten Ratschläge bringen?
Auch was du im weiteren feststellst, mag ja als Feststellung alles
richtig sein. Aber wo ist die Lösung?
Manuel Rodriguez
2010-10-13 18:56:26 UTC
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Post by Worker
Post by Worker
Post by Manuel Rodriguez
Falls noch Fragen sind, nur her damit. Die Webadresse
http://www.sozialgerichtsbarkeit.deistgut vorgewärmt und meine
Tastatur gut geölt.
Wie siehst du denn die Möglichkeit, dass ein HIV-ler sich rechtlich
durchsetzen kann? Um zu klagen braucht man einen Anwalt und um einen
Anwalt einzuschalten braucht man Geld das ein HIV-ler nicht hat.
Zu "rechtlich durchsetzen von Hartz IV Empfängern": No way, geht
nicht.
Was sollen dann all deine wohlgemeinten Ratschläge bringen?
Auch was du im weiteren feststellst, mag ja als Feststellung alles
richtig sein. Aber wo ist die Lösung?
Gegenfrage: Wie heißt das Problem? Mir ging es im OP um die
Möglichkeit ein Alg2-Praktikum abbrechen zu können (wohlgemerkt: ein
unbezahltes Praktikum). Das ist deshalb so wichtig, weil laut Lehrbuch
ein Praktikum vor einem richtigem Arbeitsvertrag davorgeschaltet ist.
Als eine Möglichkeit Praxiserfahrung zu sammeln und den Lohn zu
verlangen den man als Arbeitsloser wert ist (0 € pro Stunde). Laut dem
Gesetz über Preis und Nachfrage eines Produktes müsste ein Arbeiter zu
0€ die Stunde massiv auf dem Arbeitsmarkt nachgefragt werden...
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