Post by Martin GerdesDabei ist es doch gerade andersherum. Obwohl: Jede gute alte Zeit war
selbst irgendwann eine schlechte neue Zeit.
Was gut und was schlecht ist bzw. empfunden wird, hat weitgehend nichts
mit dem absoluten Niveau zu tun, sondern mit den Veränderungen und mit
dem Vergleich zu anderen.
Das stimmt.
Von daher mögen die 50er und 60er tatsächlich goldene Zeitalter gewesen
sein. Es ging ständig bergauf, und es wurde dann in den 70er auch für
viele Arbeiterkinder sehr viel besser in den Aufstiegschancen.
Hat es nicht Ende der 60er eine Rezession gegeben, die manche Leute
glauben machte, die Welt ging unter? Und 74, in der Ölkrise hat man den
Deutschen vier lange Sonntage ihr Liebstes genommen, nämlich ihr Auto.
Da war der Untergang gefühlt schon recht nah.
Nur irgendwann kommt das einfach zu einem Ende. Wir haben heute ein
Wohlstandsniveau erreicht (erkauft mit sehr viel Resourcenverbrauch
und Umeltverschmutzung, dazu Ausbeutung andere Länder) die kaum
noch steigerbar ist.
Keine Sorge, das Steigern schafft die Wirtschaft schon noch.
Es kann im Moment einfach nicht mehr besser werden. Zumindest rein
materiell nicht. Es geht nicht, dass Leute noch dickere Autos fahren,
noch öfter Flugreisen machen usw. usw..
Vor 5 Jahren oder so hätte man das gleiche gesagt. Und heute fahren
viele Leute noch dickere Autos. Stadtpanzer sind für VW und Konsorten
das wichtigste Marktsegment.
Von daher empfinden viele den Gleichstand als Rückgang, es geht nicht
mehr weiter bergauf.
Das wurde schon immer so empfunden.
Ich erinnere mich an eine Rede des Bundeskanzlers Schmidt, der
angesichts einer Weltuntergangsstimmung der Bevölkerung (sinngemäß)
sagte: "Ja, unsere Wirtschaft ist um 1% geschrumpft. Sie ist nicht mehr
so hoch wie im letzten Jahr, sondern 'nur' noch so wie im vorletzten
Jahr. Mal ehrlich: Ging es uns im Vorvorjahr denn schlecht?"
Unsere Kinder werden es nicht besser haben als wir, max. genauso
gut. Das müsste man aber klar machen, dass das schon ein Erfolg wäre.
Frage der Kriterien.
Dazu müsste man andere Prioritäten setzen, weg von reinem Konsum,
hin zu z.b. mehr Freizeit, Reduzierung der Arbeitszeit, statt Karibik
Nordsee.
Klar. Momentan grassiert allerdings die Überzeugung, man müßte dem
Touareg statt einem Dieselmotor einfach nur einen Elektromotor verpassen
und bräuchte das Auto an sich sonst nicht zu ändern. Das könnte in der
Tat ein Irrtum sein. Mal sehen, was die Bevölkerung zu den sozialen
Kahlschlägen sagt, die uns bevorstehen.